Ortsverband Hemsbach/Laudenbach

Vorschlags- / Forderungs-Liste unserer Wald- und Klimagruppe

Dies sind die weiterführenden Informationen zu unserem Beitrag zum Hemsbacher Klimaschutzkonzept

Dialogkultur: Gemeinsam für uns alle aktiv

1. Besonders wichtig ist, sich angesichts der rasanten Erwärmung nicht automatisch auf Entscheidungen vergangener Jahr(zehnt)e zu berufen, sondern gemeinsam zu schauen, was angesichts der Herausforderungen heute und künftig noch Sinn macht. Daher:

  • Besprechung der künftigen Maßnahmen im Wald an einem ‚Runden Klimatisch‘ auf wissenschaftlicher Basis und mit verschiedenen Beteiligten (Forst, Stadtverwaltung, Ökologen, Klimaschutzexperte, Naturverbände, BUND PG Wald, ggfs. weitere).
    • Gemeinsames Prüfen der geplanten Maßnahmen auf ihre Klimafolgen und auf das Ziel der naturnahen Bewirtschaftung (siehe Eigentümerzielsetzung) hin, bevor sie umgesetzt werden.
    • Die Entscheidung trifft - wie immer - der Gemeinderat. Mit dem neuen Verfahren hat er die Chance, verschiedene Perspektiven aufbereitet und auf Vor- und Nachteile abgeschätzt vorgelegt zu bekommen. Die o.g. Beteiligten diskutieren vor und bereiten die Optionen transparent auf.
    • Dieses Vorgehen würde den Gemeinderat von Diskussionen entlasten, weil die Kriterien objektiviert sind und die Diskussion durch einschlägige Sachkundige transparent geführt und dokumentiert wurde. Dies wäre eine große zeitliche wie inhaltliche Entlastung und würde die aktuell vorliegenden Spannungen reduzieren, weil die verschiedenen Interessengruppen gehört und die Argumentation auf eine breitere Basis gestellt würden.

 

Bereich Waldstruktur

2. Naturnahe Waldwirtschaft einführen – zunächst auf einem Testgebiet von 15-20 ha

  • Forst BW bestätigt, dass sie nicht wissen, was die Zukunft bringt und welche Waldstrategie daher wirklich die Erfolgversprechendste ist. Gleichwohl ist sich das zuständige Kreisforstamt sicher, dass es die weltweit prämierte Naturnahe Waldnutzung nicht sein könne, weshalb dies gar nicht erst in Betracht gezogen wird.
  • Um dieser für den BUND weiter offenen Frage nachzugehen, schlägt der BUND eine Langzeitversuchsfläche auf dem Gemeindegebiet vor, um die verschiedenen Strategien in der Praxis zu erproben und zu vergleichen.
     

3. Kühleffekt sichern: Wald dichter werden lassen, denn: Dichter Wald hält mehr Feuchtigkeit und kühlt. Mehr Wald bedeutet mehr im Holz gespeichertes CO2, also Entnahme von CO2 aus der Luft.

  • Sofortiger Einschlagstopp für 10 Jahre, um Wald dichter werden zu lassen.
     
  • Vorbild Göttingen: Seit 1995 naturnah wirtschaftend, hoher Totholzvorrat. Die Gremien der Stadt Göttingen haben für fünf Jahre einen kompletten Einschlagstopp erlassen. Bereits seit 1995 wurde der Holzeinschlag im Stadtwald halbiert, um einen größeren Holzvorrat aufzubauen. Das langfristige Denken lohnt sich auch wirtschaftlich: Durch den zunehmenden Holzvorrat in alten Bäumen wird er immer wertvoller. Würde deutschlandweit nach diesem Modell gehandelt, könnte die CO2-Speicherung in 40 Jahren verdoppelt werden.
    weitere Vorbilder: Darmstadt, Wiesbaden, Boppard u.v.a.m.
     

4. Kühlungsflächen einrichten: Bestehende alte Laubwaldstücke mit geschlossenem Kronendach als Kühlungsflächen für die Stadt unangetastet lassen (wissenschaftlich nachgewiesen: Das Waldinnenklima in Buchenwäldern ist in der Mittagshitze bis zu 8°C kühler als in Fichtenwäldern und natürlich noch viel kühler als in unbewaldetem Gebiet).

5. Bei Holzeinschlägen die wissenschaftlich maximal empfohlene Anzahl der Stämme entnehmen, so dass nach der Maßnahme ein als Ökosystem ‚intakter‘ Wald stehen bleibt, der sich altersmäßig Schritt für Schritt diversifiziert – und dadurch sowohl klimastabiler und ökologisch wertvoller wird.
 

6. Echten Mischwald fördern: keine ‚Miniplantagen‘ mehr anlegen wie bisher (z.B. nur gleichaltrige Kastanien oder Wildkirschen oder Eichen setzen) – das hält die Biodiversität hoch und stützt die Klimastabilität, z.B. weil Schädlinge besser austariert werden.
 

7. Verzicht auf nichtheimisches Nadelholz, auch auf Douglasien: Douglasien haben/machen auf lange Sicht dieselben Probleme wie Fichten, weil sie ebenfalls Nadelhölzer sind. D.h. beispielsweise: Sie verbrauchen mehr Wasser als Laubbäume – Wasser ist schon heute Mangelware. - Die Wahrscheinlichkeit, dass man heute das sog. „Kalamitätenholz“ von morgen pflanzt, ist hoch. In der Eifel sind die Douglasien-Versuche als Nadelholz-Ersatz bereits gescheitert.

 

8. HEIMISCHE Bäume ansiedeln, weil das Ökosystem auf sie angepasst ist und lebensnotwendige Symbiosen nur so möglich sind.

  • Beispiel: Das Eschentriebsterben wird von einer einzelnen eingeschleppten Pilz-Art verursacht! Fremde Baumarten bringen ihre eigenen – fremden - Pilze mit, sonst könnten sie nicht wachsen. D.h. fremde Baumarten bergen das hohe Risiko, das heimische Ökosystem bis hin zum Kippen zu verändern. Fremde Baumarten bringen außerdem eigene Schädlingsarten mit, für die in unserem Ökosystem die entsprechenden Gegenspieler fehlen. Das Gesamtsystem gerät aus den Fugen – und wir haben diese Probleme selbst importiert.
  • Daher: nur heimische Baumarten pflanzen, davon gibt es 70 (!) Arten. Das ist vollkommen ausreichend, um Fichten u.ä. zu ersetzen.
  • Weitere Beispiele für die hausgemachte Probleme durch Einschleppung fremder Arten: Mitteleuropäische Regenwürmer richten in nordamerikanischen Ökosystemen großen Schaden an; Kaninchen sind in Australien zur Seuche geworden – Fazit: Ökosysteme sind sehr anfällig, auch schon durch eine einzige Tierart, die dort nicht hingehört.

 

9. Erhöhung des durchschnittlichen Lebensalters der Bäume: Ab 60 – 80 Jahre ist die Pubertät eines Baumes erst durchlebt, danach werden sie widerstandsfähiger! Die Vitalität eines Baumes nimmt erst ab einem durchschnittlichen Alter von 300 – 400 Jahren ab. Also weit von der aktuell üblichen Erntezeit von 100-150 Jahren entfernt!

 

Bereich (Pflege-) Maßnahmen im Wald

10. Naturverjüngung konsequenter bevorzugen (Erfahrungen aus Sturmschäden zeigen, dass die Ansiedlung von Mischwäldern durch Naturverjüngung sehr gut von allein funktioniert): ist die kostengünstigste Variante und fördert sturmstabileren Aufwuchs. Außerdem sind Bäume, die aus Samen umgebender Altbäume wachsen, gesünder und haben die Möglichkeit, sich durch Genänderung für den LOKALEN Klimawandel und eventuelle Schädlinge anzupassen. Vögel & Wind transportieren Samen von weit her, so dass keine Monokultur zu befürchten ist.
 

11. Baumpflanzungen: DIVERS pflanzen nach dem Raupenmuster (siehe z.B. Bergwaldprojekte), um Klimastabilität zu fördern, nicht in Miniplantagen pflanzen.
 

12. Fauna-Flora-Habitat-Schutzgebiete (FFH-Gebiete) stärker respektieren:

  • Die gesetzlich vorgeschriebenen VORprüfungen durchführen und rechtzeitig VOR den Eingriffen und künftig schriftlich den Umweltschutzverbänden vorlegen, so dass ausreichend Zeit für eine Prüfung und Stellungnahme bleibt. Siehe Oberverwaltungsgericht (OVG) Bautzen 2020: Vorprüfung ist gesetzlich pro Einzelmaßnahme vorgeschrieben und zu dokumentieren.
  • VOR Durchführung von Maßnahmen durch Umweltverband und/oder Klimaschutzexperten prüfen lassen, welche Klimaauswirkung der geplante Eingriff hat.
     

13. Totholz/ Kronenholz/ Restholz im Wald belassen. Beschattung des Bodens und Förderung der Humusbildung führt zu einer Erhöhung der Wasserbindefähigkeit des Bodens und insgesamt höherer Feuchtigkeit im Wald. Das wiederum erhöht u.a. den Kühlungseffekt. Das vollständige Abräumen 2023 am Zeilbergweg widerspricht dem.

 

14. Biotopvernetzung im Wald zur Unterstützung der Biodiversität vorantreiben. Biodiversität ist eine Voraussetzung für Klimaschutz.

 

Bereich Boden im Wald

15. Weitere Bodenverdichtung verhindern: keine schweren Erntemaschinen mehr einsetzen, die den Boden verdichten und dadurch das Bodenleben töten (Intakter, lebendiger Waldboden braucht Durchlässigkeit, um Wasser halten und filtern zu können). Vergrößerung des Rückegassenabstands auf mind. 60 m.
(Die feinen Bodenporen, in den der Großteil des Bodenwassers gespeichert wird, werden schon bei einer einzigen Befahrung wie ein Schwamm zusammengedrückt, können sich aber im Gegensatz zu diesem nicht wieder ausdehnen. In den befahrenen Arealen büßt der Boden so bis zu 80 % seiner Wasserspeicherfähigkeit ein.)
 

16. Künftige Bodenbearbeitung: durch Einzelstammentnahme mit Stammtransport mittels Kette bis zu den Wegen. Bzw. Einsatz von punktuell aufsetzenden Maschinen (‚spinnenähnlich‘ statt Raupenfahrzeuge)
 

17. Verzicht auf gezielte Auflichtungen, um das Wasser im Wald zu halten und den Boden vor Austrocknung zu schützen. (Auflichtungen verschärfen die vorhandene Austrocknung weiter.)
 

18. Sickermulden im Wald verteilt schaffen, um die Feuchtigkeit länger im Waldboden zu halten (siehe positive Erfahrungen in Wiesbaden, Lampertheim, Rimbach etc.).
 

19. Waldboden vor Licht und Austrocknung schützen. Lichteinfall beschleunigt die Zersetzung von Humus so sehr, dass der Kohlenstoff schneller als CO2 entweicht, als er von neuem Aufwuchs gebunden werden kann. Es ist also nicht nur das Kaminholz, das irgendwann verbrannt wird, was die CO2-Bilanz beeinträchtigt, sondern auch der dem Licht ausgesetzte Boden, der zusätzlich CO2 emittiert. U.a. deshalb sind Kahlschläge und verwandte Erntemethoden gänzlich zu verbieten, auch wenn sie kleiner als 1 ha sind.

 

20. Wegenetz:

  • Verzicht auf zusätzliche Forststraßen oder Verbreiterung von bestehenden. Holz ist ein zunehmend wertgeschätzter Rohstoff. D.h. wir als Gemeinde können es uns leisten zu bestimmen, wie der Transport in unserem Wald künftig ablaufen soll. Wir sind nicht verpflichtet, ein immer größeres und komfortableres Wegenetz mit UNSEREN Steuergeldern vorzuhalten, damit EXTERNE Dienstleister bequem von überall transportieren können, ohne dafür zu zahlen und unter den Folgen der hohen Bodenverdichtung zu leiden. Das heißt:
    1. Sofortiger Stopp für weiteren Ausbau
    2. Geplante Wegemaßnahmen 2023 überdenken und mit Blick auf Klimafreundlichkeit reduzieren.
    3. Renaturierung von Teilen des bisherigen Wegenetzes: Waldstraßen/-wege renaturieren: Teile des Wegenetzes verkleinern und allmählich wieder in Naturwege überführen, in Waldrefugien sofort, sukzessive die anderen. Dadurch Erhöhung des Waldanteils, Verringerung von Bodenverdichtung und weniger ‚Zerschneiden‘ des Waldes in Teile, durch die der austrocknende Wind fegen kann. Außerdem Erhöhung des Erholungswerts für uns Menschen in der Natur.

  • Schmalere Wege: die Breite der Forstwege reduzieren, um wieder mehr Wald zulassen zu können.
  • Rückschnitt an den Wegerändern reduzieren, so dass sich am Rand wieder ein Vegetationsrand bilden kann, der die Feuchtigkeit im Innern der Waldstücke schützt und die Artenvielfalt erhöht.
  • Verkleinerung des Wegenetzes insgesamt, dadurch Vergrößerung der beschatteten Fläche = Verbesserung des Kühlungseffektes bzw. weniger Austrocknungsmöglichkeit

 

Stadt - Wald

21. Vergrößerung der Waldrefugien, damit sie aus sich heraus stabil genug sind, um ihre Umgebung positiv zu beeinflussen oder wiederzubeleben.
 

22. Verlassene Grundstücke in Waldrandnähe wiederbewalden  (Waldrandgrenze siehe Kartierung der Blühenden Bergstraße).

 

23. Konsequente Stadtbegrünung als generelle Leitplanke: Die Stadtverwaltung wird ab 2023 jede Möglichkeit zur ökologischen Stadtkühlung durch Stadtbäume nutzen. Dadurch wächst der Grünanteil in der Stadt kontinuierlich an und die Stadtkühlung wird verbessert.
Konkret wird die Stadt …

  • … bestehende und alte Bäume bestmöglich erhalten/ pflegen, so dass ihre Kronen größtmöglichen Schatten spenden können.
  • … bei Renovierungs- und Sanierungsarbeiten konsequent jede Möglichkeit optimal nutzen, Stadtbäume zu pflanzen (z.B. bei Straßen- oder Parkplatzsanierungen; mit „optimal“ ist ein hoher Anspruch an die Begrünung gemeint).
  • … gefällte Bäume noch im Jahr der Fällung ersetzen durch Bäume, die eine Mindesthöhe von 5 Metern haben.

 

Bodenentsiegelung / Verhinderung weiterer Versiegelungen

24. Vorrang für gebäudegebundene Solaranlagen:
Im 2021 geschlossenen Koalitionsvertrag hat die Landesregierung Baden-Württemberg festgeschrieben, den Flächenverbrauch kurzfristig auf 2,5 Hektar pro Tag und bis 2035 auf Netto-Null zu reduzieren. In den letzten Jahren wurden jedoch durchschnittlich zwischen fünf und sechs Hektar unbebauter Natur in Siedlungs- und Verkehrsflächen umgewandelt – Tendenz steigend. Die bislang ergriffenen Maßnahmen – z. B. im Rahmen des freiwilligen Bündnisses zum Flächensparen – reichen also nicht aus, dieses Ziel wirksam umzusetzen. Daher soll in Hemsbach gelten:

  • Innerstädtische bereits erschlossene Flächen müssen bei der Suche nach Wohnraum zuerst genutzt - oder für die Stadt-Begrünung aufgebrochen werden - bevor neue Baugebiete ausgewiesen werden (Nachverdichtung).
  • Beim Ausbau der regenerativen Energien müssen Solaranlagen auf Dächern, sowie auf bereits versiegelten Flächen Vorrang haben. Dies verhindert weitere Versiegelung und nutzt vorhandene Trägerflächen.
  • Alle Flächen, die für die Landwirtschaft und den Naturschutz ungeeignet sind (wie beispielsweise Lärmschutzwände an Straßen und Schienenwegen, Parkplatz- und Gewerbeflächen) werden in Zukunft verpflichtend für den Photovoltaik-Ausbau herangezogen.

Neue Klima-relevante Projektideen mit uns und den anderen Akteuren aufbereiten und auf Chancen und Risiken prüfen, bevor sie den Entscheidungsträgern vorgelegt werden.

  • Konsequente Solarpflicht für neue Gebäude auch umsetzen.