Der Klimawandel ist bei uns angekommen!
Der Klimawandel und seine Auswirkungen sind eine der größten Herausforderungen unserer Zeit. Die letzten Jahre brachten bereits Sommer mit hohen Temperaturen und wenig bis keine Niederschläge mit sich – ein Trend, der in Deutschland voraussichtlich zunehmen wird. Prognosen zur globalen Erwärmung deuten darauf hin, dass wir uns im Rhein-Neckar-Kreis auf weiter steigende Durchschnittstemperaturen sowie längere Dürreperioden einstellen müssen.¹ Zudem ist zugleich vermehrt mit Starkregenereignissen, Sturmschäden und Spätfrösten zu rechnen. Da dieser Zusammenhang inzwischen unbestreitbar ist, hat auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte gerade zugunsten einer „Pflicht zum Klimaschutz“ geurteilt (Urteil des EGMR, 09.04.2024).
Was bedeutet dies für unseren Wald?
Nicht nur einzelne Baumarten, sondern der Wald als essenzielle Lebensgrundlage ist inzwischen in Gefahr. Seine Ökosystemleistungen umfassen u.a. die Luftkühlung, Erholungsmöglichkeiten, Sauerstoffproduktion, den Schutz verschiedener Arten, Bodenerhaltung, die Reinigung des Grundwassers sowie die Speicherung von Kohlenstoff. Rund 4.300 Pflanzen und Pilzarten und mehr als 6.700 Tierarten leben z.B. in unseren mitteleuropäischen Buchenwäldern.2 30% der in Deutschland einheimischen Arten sind bereits bestandsgefährdet.3
Es ist daher inzwischen existenziell, dieses komplexe Ökosystem besser zu schützen. Und bestehende Waldbewirtschaftungspraktiken anzupassen, um unseren Wald zu bewahren - für uns selbst, für das Gemeinwohl, heute und künftig.
Die traditionellen Ansätze der Waldbewirtschaftung müssen daher kritisch hinterfragt werden, um den Erhalt des Waldes und seine zahlreichen Funktionen für das Gemeinwohl zu sichern.
Förderprogramme der Bundesregierung nutzen!
Die Bundesregierung hat dazu unter anderem das „Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz“ verabschiedet. Kommunalen Wäldern kommt hierin eine Schlüsselrolle zu: Sie sollen als Vorreiter für die Entwicklung von Wäldern dienen, die naturnah, klimaresilient und nachhaltig im Sinne des Ökosystems bewirtschaftet werden. Ein wichtiger Schritt ist ein Einschlagstopp in alten, naturnahen Buchenwäldern, die sich in öffentlicher Hand befinden. Kommunale Waldeigentümer sollen finanziell gefördert werden, diesen Einschlagstopp sowie weitere Maßnahmen für eine ökologische Waldbewirtschaftung zu realisieren.4 Dadurch generieren Kommunen Einnahmen, indem sie den Wald stehen lassen.
Chancen und Handlungsempfehlungen
1. Eine deutliche Verringerung der Holzeinschläge und der Erhalt eines dichten Kronendachs sind für den Hemsbacher Stadtwald von besonderer Wichtigkeit. Besonders vielversprechend für die Zukunftsfähigkeit unserer Wälder sind altersdiverse Mischwälder, die auch ganz alte Bäume umfassen, wie die Erfahrungen aus Nationalparks zeigen. Im Gegensatz dazu haben in Hemsbach frühere Holzernten zu einer beträchtlichen Auflichtung des Waldes geführt. Forschungsergebnisse belegen5, dass das verstärkt eindringende Sonnenlicht zu signifikant höheren Temperaturen im Waldinneren führt, was unter anderem das Ökosystem des Waldbodens schädigt. Dies hat wiederum zur Folge, dass das zuvor feuchte und kühle Mikroklima des Waldes austrocknet und sich aufheizt. Die Zunahme von Trocken-, Sturm- und Wasserschäden sowie die Erosion des Bodens (– beispielsweise am Hemsbacher Hartmuß oder in Laudenbach hinter dem Friedhof –) sind direkte Konsequenzen dieser Entwicklung. 5,6Diese Schäden verdeutlichen ein von uns selbst verursachtes Problem, das durch den Klimawandel noch verstärkt wird und dem Nachwuchs der Bäume schadet.
2. Um die Klimaresilienz unseres Waldes und unsere Lebensgrundlagen zu stärken, ist es notwendig, Störungen im Wald weiter zu minimieren und den radikalen „Waldumbau“, wie er vom Forstamt Rhein-Neckar-Kreis propagiert wird, in Richtung einer naturnahen Waldnutzung zu ändern (z.B. weniger Befahren mit schweren Erntemaschinen, kleinere Hiebsmaßnahmen, kein grundsätzliches Auflichten der Baumbestände mehr).
Umgesetzt wird eine solche beispielhafte ökologische Waldbewirtschaftung u.a. im Lübecker Stadtwald 7,8, der sogar in der EU-Strategie "Closer-to-Nature Forest Management" als „best practice“ genannt wird 9 und z.B. für das Bundesumweltministerium vorbildlich ist. Zahlreiche Kommunen (z.B. Göttingen, Hannover, Düsseldorf, Bonn, Stuttgart) haben sich von diesem Beispiel bereits Anregungen für die Entwicklung ihres Waldes geholt.
Eine dem Lübecker Modell entsprechende Waldbewirtschaftung umzusetzen, strebt auch der BUND Hemsbach-Laudenbach für die Gemeindewälder von Hemsbach und Laudenbach an.
Genaueres lesen Sie hier im Positionspapier des BUND Hemsbach-Laudenbach.
Nachweise
1 Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung e.V. (2017): ReKliEs-De: Zukünftige Klimaentwicklung in Deutschland (Zugriff: 03-04-2024)
2 Stiftung Unternehmen Wald, (Zugriff: 01-04-2024)
3 Unser Wald-Kultur-Erbe (Zugriff: 01-04-2024)
4 Bundesamt für Naturschutz, Umwelt, Nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz:
https://www.bmuv.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Naturschutz/aktionsprogramm_natuerlicher_klimaschutz_2023_bf.pdf (Zugriff 16-04-2024)
5 Vgl. z.B. die schriftliche Stellungnahme von Prof. Ibisch zur Ausschusses-Sitzung des Deutschen Bundestages am 25.11.2020) (Zugriff: 03-04-2024)
6 Unter www.waldwende-neckargemünd.de können Sie folgende informative Videos hinsichtlich
der Klimaresilienz von Buchenwäldern abrufen: Waldschutz Neckargemünd und Lutz Fähser: „Strategien der Waldbehandlung“ am 24.4.2023 in Nußloch (Zugriff: 03-04-2024)
7 Franz-Josef Adrian: Naturnahe Waldnutzung des Stadtwaldes Lübeck (Zugriff: 03-04-2024)
8 Gute Dokumentation und Erläuterungen zum Lübecker Stadtwald auch unter: https://www.waldwende-neckargemuend.de oder https://www.youtube.com/watch?v=rqTZOTDUVEw (Zugriff 28-08-2023)
9 EU-Kommission (2023), Guidelines on Closer-to-Nature Forest Management, S.65 f. (Zugriff: 03-04-2023)